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Reinzucht und Kultivierung
von Hefestämmen

von Hubert Hanghofer <hhanghof@netbeer.co.at>


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Inhalt



Viele Hausbrauer haben die Möglichkeit, Hefe von Brauereien zu beziehen. Sollen aber spezielle Biersorten erbraut werden, ist in vielen Fällen die Beschaffung eines authentischen Hefestammes erforderlich. Da Reinzuchthefen teuer sind, ist eine eigene Stammhaltung wirtschaftlich.

Für den ökologisch orientierten Hausbrauer bietet heutzutage nur eine eigene Hefereinzucht absolute Gewißheit über Herkunft und Qualität seiner Betriebshefe. -- Denn seit das Genom der Bierhefe "Saccharomyces Cerivisae" vollständig entschlüsselt ist, sind genetischen Manipulationen Tür und Tor geöffnet!

Ziel der Hefekultivierung ist es, eine den Ansprüchen des Brauers entsprechende Hefe zu isolieren, frei von schädlichen Mikroorganismen zu vermehren und die so erhaltene Reinzucht zum Zwecke der Stammhaltung fortlaufend weiterzuführen oder als Dauerkultur anzulegen.

Grundlagen

Mein Verfahren basiert auf Methoden, die vor über 100 Jahren vom Brauwissenschaftler Hansen etabliert wurden. Als Nährmedium wird Würzeagar verwendet. Die Herstellung desselben erfolgt durch Verfestigen von Bierwürze mit Agar-Agar -- einem aus Meeresalgen gewonnenen Geliermittel.

Um einen Hefestamm als Reinzucht zu gewinnen, wird eine Gärprobe oder stark verdünnte Hefesuspension in einer Petrischale auf Würzeagar ausgestrichen. Auf der Oberfläche des Nährmediums vermehrt sich die Hefe, bis schließlich nach wenigen Tagen aus jeder Hefezelle eine sichtbare, meist halbkugelförmig ausgeformte Zellkolonie hervorgegangen ist. Mit einer Impföse wird dann eine freiliegende, reine Kolonie aufgenommen und in mehreren Kulturröhrchen auf Schrägagar ausgestrichen.

Von dieser Schrägagar Kultur wird die Anstellhefe gewonnen. Zur Stammhaltung müssen die Kulturen halbjährlich neu ausgestrichen werden. Es ist auch möglich, Dauerkulturen in steriler Pufferlösung anzulegen, die über mehrere Jahre haltbar sind.

Das Verfahren ist modular und kann stark vereinfacht betrieben werden - nicht jeder Schritt ist erforderlich. So ist z.B. die Gewinnung einer Reinzucht nicht erforderlich, wenn die Hefe bereits als Reinkultur in Form von Flüssighefe oder auf Schrägagar bezogen wird. In diesem Fall beschränkt sich der Aufwand auf die Stammhaltung.

Geräte und Hilfsmittel

Optional:

Alle aufgelisteten Hilfsmittel sind im Fachhandel für Laborbedarf erhältlich. Agar-Agar Pulver kann auch in Drogerien oder Naturkostläden bezogen werden. Ich bin zufriedener Kunde von Laborbedarf Carl Roth®. In den folgenden Anleitungen werden die einzelnen Geräte und Hilfsmittel genauer beschrieben. Illustrationen folgen in Kürze!

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß in mikrobiologischen Laboratorien in der keimfrei filtrierten Atmosphäre einer laminar flow Zelle gearbeitet wird. Eine derartige Arbeitszelle steht dem Hausbrauer normalerweise nicht zur Verfügung und ist auch nicht erforderlich. Ich habe mit der hier beschriebenen Arbeitsweise in 2 Jahren nicht einmal mit dem Mikroskop eine Fremdinfektion von Schrägagar feststellen können. Das Verfahren klappte auch auf Anhieb bei Schülern - problemlos.

Bereitung des Nährmediums

Als Nährmedium dient Würzeagar aus einer auf etwa 8% eingestellten, gehopften Eigenwürze, verfestigt mit 1,5-2% Agar-Agar. Alternativ kann Trockenmalzextrakt (gehopft oder ungehopft) verwendet werden. Das Agar-Pulver erst nach dem Aufkochen einrühren. Durch Ausgießen eines Teelöffels Würze auf die kalte Tischplatte kann die Gelstärke überprüft werden. Erstarrt die Würze nach dem Erkalten nicht oder bleibt das Gel sehr weich, wird der Agar-Agar Anteil erhöht. Sind jedoch mehr als 2% des Geliermittels erforderlich, ist die Qualität desselben sehr in Frage zu stellen. Kulturröhrchen und - wenn erforderlich - Petrischalen werden mit dem heißen Würzeagar zu etwa 1/3 befüllt.

Da dem Hausbrauer selten ein Autoklav zur Verfügung steht, erfolgt die anschließende Sterilisation am einfachsten durch Thyndallisation. Dazu werden die verscchlossenen Kulturröhrchen und Petrischalen in einen ausreichend großen Kochtopf gestellt, der etwa 2-3cm hoch mit destilliertem Wasser gefüllt ist. Nach dem Zudecken wird der zu sterilisierende Inhalt an 3 aufeinanderfolgenden Tagen (also insgesamt 3x) für jeweils eine halbe Stunde gedämpft. Das Ziel dieser Methode besteht darin, hitzeresistente Sporen abzutöten. Man geht davon aus, daß jene Sporen, die in Würze günstige Lebensbedingungen vorfinden, innerhalb dieser 3 Tage ins vegetative Stadium übertreten - also auskeimen. Dabei verlieren sie ihre Hitzeresistenz und gehen beim nächsten "Dämpfer" jämmerlich zugrunde. Diese Methode ist übrigens auch vorzüglich dazu geeignet, Eigenwürze für Starterkulturen zu konservieren.

Abschließend legt man die heissen Kulturröhrchen auf eine etwa 5-10° geneigte Unterlage (Schale, Karton o.ä.) und läßt den Würzeagar auf diese Weise schräg erstarren, um eine Vergrößerung der Oberfläche zu erreichen. Dabei ist darauf zu achten, daß der Schrägagar den Schraubverschluß der Kulturröhrchen nicht erreicht oder etwa gar benetzt -- der Neigungswinkel ist entsprechend zu justieren!

Ein auf diese Weise hergestellte Jahresvorrat an Schrägagar kann ungekühlt gelagert werden. Auch Petrischalen sind nach dem Versiegeln durch ein Klebeband oder Einschweißen in Folie über längere Zeit haltbar. Um ein Austrocknen und Rissigwerden des Würzeagars zu vermeiden, werden Petrischalen üblicherweise mit dem Gel nach oben gelagert.

Kultivierung auf Schrägagar

Schrägagar ist in den Kulturröhrchen besonders leicht steril zu halten und daher ein ideales Aufwuchsmedium zum Kopieren, Aufbewahren und Herführen (Vermehren) von Hefestämmen. Die Hefe zum Beimpfen des Schrägagars kann entnommen werden aus:

Das Übertragen der Hefe erfolgt am besten mittels Impföse. Diese wird mitsamt dem Drahtschaft durch Glühen mit der Lötlampe sterilisiert. Dunkle Rotglut ist ausreichend. Vor dem Abimpfen der Hefe wird die Öse zur Kühlung mit dem sterilen Nährmedium (Würzeagar oder Flüssighefe) in Kontakt gebracht, sodaß kein Verbrühen der aufgenommenen Hefe befürchtet werden muß. Nach dem Benetzen der Impföse mit Hefe können 2-3 Schrägagar beimpft werden, indem die Öse wellenförmig über die Oberfläche des Würzeagars geführt wird.

Bei diesem Vorgang ist sterile Arbeitsweise in möglichst staubfreier Umgebung unumgänglich. Ich verwende als Unterlage eine mit 70%Alkohollösung oder Jodophor desinfizierte Glasplatte aus einem Bilderrahmen. Mit etwas Übung gelingt es, beim Überimpfen neben dem Kulturröhrchen auch noch dessen Schraubverschluß in den Fingern zu halten und somit jeglichen "Bodenkontakt" zu vermeiden.

Der angeimpfte Schrägagar wird nun etwa eine Woche bei Raumtemperatur inkubiert. Aufrechte Lagerung der Kulturröhrchen verhindert ein Verwaschen der entstehenden Kolonien durch enthaltenes Kondenswasser. Sobald die Kolonien zu kleinen weißen Tröpfchen angewachsen sind, muß der sich ausbildende Kohlensäuredruck durch tägliches Entlüften abgebaut werden. Einige Yeast-Rancher (Hefefarmer) empfehlen auch, den Schraubverschluß während dieser Inkubationsphase nur leicht festzudrehen, sodaß der Überdruck stetig entweichen kann.

Die Oberfläche des inkubierten Würzeagars wird visuell auf Kontaminanten geprüft. Flaumige Schimmelpilzkolonien sind sehr leicht zu erkennen. Wilde Hefen und Bakterien unterscheiden sich oft in Form und Farbe. Die meisten bierschädlichen Bakterien leben anaerob (unter Luftabschluß) und finden daher in der sauerstoffhaltigen Atmosphäre des Kulturröhrchens keine geeigneten Wachstumsbedingungen vor.

Treten Fremdkolonien auf, wird der Schrägagar entweder verworfen oder eine reine Kolonie in einen neuen Schrägagar umgeimpft. Meist überwuchern aber die Hefekolonien den gesamten Agar und sind schwer zu differenzieren. Zur Aufreinigung sind daher Plattenkulturen in Petrischalen wesentlich besser geeignet als die engen Kulturröhrchen.

Schrägagar Kulturen können im Kühlschrank bis zu einem halben Jahr aufbewahrt werden. Einzelne Yeast-Rancher berichten sogar von Lagerperioden bis zu einem Jahr. Man sollte jedenfalls rechtzeitig mit der geglühten Impföse eine Kolonie in ein neues Schrägagar Röhrchen überimpfen. Besser ist es jedoch, eine Dauerkultur anzulegen, von der bei Bedarf auf Schrägagar abgeimpft wird. Da man dabei immer von derselben Kultur ausgeht, umgeht man das Generationsproblem, welches zu Degenerationserscheinungen führen kann.

Die Reinzucht mit Plattenkultur (optional)

Plattenagar in Petrischalen ist unter häuslichen Bedingungen nicht so leicht steril zu halten wie Schrägagar in Kulturröhrchen, bietet aber den Vorteil der wesentlich größeren und besser zugänglichen Oberfläche. Wenn es darum geht, einzelne Kolonien zu isolieren - also einen Hefestamm in Reinzucht zu bringen - ist Plattenagar das bevorzugte Aufwuchsmedium. Schrägagar hingegen dient hauptsächlich zur Stammhaltung - also z.B. zum Kopieren und Vermehren einer isolierten Kolonie - sowie zur Gewinnung der Anstellhefe.

Die Hefe zum Beimpfen des Plattenagars kann entnommen werden aus:

Das Zusammenwachsen und Überwuchern einzelner Kolonien stellt bei Schrägagar Kulturen kein Problem dar. Bei Plattenkulturen, die zum Anlegen einer Reinzucht dienen sollen, muß man jedoch schon beim Animpfen danach trachten, zu freistehenden Hefekolonien zu kommen. Um die erforderliche Vereinzelung der Hefezellen zu erreichen, werden 2 Verdünnungsschritte kombiniert.

  1. Man impft ab von einer ausreichend dünnen Hefesuspension. Dickbreiige Anstellhefe, Trockenhefe oder eingedickter Bodensatz sind mit Wasser soweit zu verdünnen, daß eine milchige, starke Trübung vorliegt. Von einer Gärprobe kann direkt abgeimpft werden.
  2. Zusätzlich wird eine geeignete Form der Auftragstechnik - der sogenannte Verdünnungsstrich - angewendet. Dabei werden die mit dem ersten Strich aufgetragenen Hefezellen durch weitere Striche zunehmend vereinzelt. Dies erreiche ich am einfachsten mit einer 3Z Methode: Die Hefesuspension wird mit der geglühten Impföse aufgenommen und im Randbereich des Plattenagar in Form eines breiten, flachen Z ausgestrichen. Anschließend dreht man die Schale um 90°, überstreicht mit der Öse das Ende des ersten Z und zeichnet ein weiteres Z. Das 3.Z wird nach einer weiteren 90° Drehung ausgestrichen, wobei wieder der erste Schenkel den letzten des 2.Z überkreuzt.

Nach Inkubation des Plattenagar bei Raumtemperatur werden sich die ausbildenden Kolonien im 2. Oder 3.Z vereinzeln - abhängig von der Anzahl an lebensfähigen Hefezellen im Ausgangsmedium. Eine freiliegende Kolonie kann anschließend auf Schrägagar abgeimpft und vervielfältigt werden.

Die auf diese Weise gewonnene Reinkultur basiert praktisch auf einer einzigen Hefezelle. Je nach der Qualität des Ausgangsmaterials, von dem abgeimpft wurde, besteht somit ein geringes Restrisiko, daß ausgerechnet diese eine Zelle - und damit auch ihre Nachkommenschaft - nicht den Erwartungen des Brauers entspricht. Hefekolonien sind zwar anhand ihres Aussehens leicht von Fremdorganismen zu unterscheiden, jedoch können degenerierte Hefezellen, Fremdhefen und sogar wilde Hefen ein sehr ähnliches Erscheinungsbild aufweisen. Um dieses Risiko auszuschalten bzw. um zu einer optimierten Reinzucht zu gelangen, kann aber der Hausbrauer mit durchaus vertretbarem Aufwand folgende professionelle Methode anwenden:

Man impft mehrere Kulturen ab und stellt damit unter stets gleichen Bedingungen Starterkulturen und Testgärungen an. Zu diesem Zweck kann z.B. ein Sud nach Kühlung und Würzebelüftung aufgeteilt werden. Ausgewählt wird jene Kultur, die die gewünschten technologischen (Gärverlauf, Flockung, Sedimentation) und sensorischen (Geruch, Geschmack) Eigenschaften hervorbringt.

Bezugsquellen für Hefestämme

Wem das Anlegen einer eigenen Reinzucht zu aufwendig oder risikoreich erscheint, der kann auf bewährte Hefestämme zurückgreifen. Einige Laboratorien haben sich bereits auf Hausbrauer eingestellt und bieten Reinkulturen zu günstigen Konditionen an. Die Zubereitungen sind für das Herstellen einer Starterkultur ausgelegt, können aber aufgrund der hohen Reinheit bedenkenlos als Reinkultur angesehen werden. Flüssighefen der WYEAST Laboratories sind zur Zeit am weitesten verbreitet. Einige bodenständige Bezugsquellen für Hausbrauer bieten bereits eine geringe Auswahl ab etwa DM10,-/Stamm an.

Einen sehr guten Ruf genießt The Yeast Culture Kit Company mit einem speziell auf Hefekultivierer abgestimmten Angebot. Leider sind die Produkte bei uns noch nicht im Handel, sodaß wir auf Importe angewiesen sind. Trotz der Verteuerung aufgrund hoher Transportkosten (Expressdienst) können die Stämme billiger bezogen werden als von bodenständigen Laboratorien.

Deutsche Hefebanken haben ein großes Sortiment an überwachten Hefestämmen im Angebot. Die günstigste Bezugsform sind Kulturen auf Schrägagar zu etwa DM150,-/Stamm. Eine Investition, die sich bei eigener Stammhaltung durchaus rechnen kann. Leider konnte ich noch nicht in Erfahrung bringen, ob man mit uns Hausbrauern große Freude hat und so wird die Fertigstellung einer Adressenliste noch etwas dauern.

Besonders hervorheben möchte ich hier die Möglichkeit, frisch ausgestrichene Schrägagar Kulturen auf dem Postweg mit anderen Hausbrauern auszutauschen. Ich habe bereits mehrmals Schrägagar Kulturen (slants) in die USA versendet. Diese sind dort wohlbehalten angekommen und haben angeblich "outstanding beers" produziert.

Anlegen einer Dauerkultur (optional)

Als Dauerkultur dient eine Hefesuspension in sterilem, inertem Medium. Wesentlich dabei ist, daß diese Suspension keine Nährstoffe enthält. Dadurch fällt die Hefe ins Ruhestadium und wird nicht von ihren eigenen Stoffwechselprodukten geschädigt. Dave Whitman beschreibt die Aufbewahrung in sterilem destilliertem Wasser. Hansens Kulturen überdauerten Jahrzehnte in 10% Rohrzuckerlösung. Letztere kann von der Hefe aufgrund des Mangels an verwertbaren Stickstoffverbindungen nicht vergoren werden. Ich führe Dauerkulturen parallel in mehreren Medien und empfehle die Aufbewahrung in physiologischer Kochsalzlösung (9g NaCl/L). Diese kann steril verpackt von jeder Apotheke bezogen werden und vereint die Vorteile der oben genannten Medien:

  1. So wie Rohrzuckerlösung ist auch physiologische Kochsalzlösung isotonisch und laugt dadurch die Hefezellen osmotisch nicht so stark aus wie destilliertes bzw. deionisiertes Wasser.
  2. Andererseits bietet die Kochsalzlösung aber wie dest. Wasser den Vorteil, völlig frei von Nährstoffen zu sein. Somit besteht z.B. kein Restrisiko, daß sich durch Ausscheidung von Stickstoffverbindungen bei der Hefeautolyse plötzlich aus der neutralen Rohrzuckerlösung ein ideales Nährmedium entwickelt, welches das Aufkommen einer Gärung oder Fremdinfektion fördert.

Diese Aussagen wurden in der Diskussion mit Biologen bestätigt. Ich möchte aber darauf hinweisen, daß meine positiven praktischen Erfahrungen der letzten 2 Jahre noch keine endgültige Bestätigung von "Langzeittheorien" zulassen. -- Betrachten wir nun aber die praktischen Aspekte:

Zur Aufbewahrung der Dauerkulturen dienen 2mL Cryoröhrchen mit Schraubverschluß und Aussengewinde. Ein Ewigkeitsvorrat davon wird mit physiologischer Kochsalzlösung aus der Apotheke gefüllt und - locker verschlossen - durch Dämpfen keimfrei gemacht. Nach dem Festdrehen des Schraubverschlusses werden die Cryoröhrchen sauber weggepackt. Sie können ungekühlt gelagert und bei Bedarf zum Anlegen einer Dauerkultur entnommen werden.

Zu diesem Zweck wird etwas Hefe mit der (wie immer geglühten) Impföse vorsichtig vom Schrägagar abgestreift. Diese Kultur darf nicht alt sein -- nur frisch inkubierte Hefe weist die nötige Vitalität auf, lange Lagerungsphasen unbeschadet zu überstehen. Man muß danach trachten, keine Partikel vom Würzeagar mit abzukratzen, da ja Nährstoffe von der Dauerkultur fernzuhalten sind. Es darf maximal das Hefevolumen von der Größe eines Stecknadelkopfes abgestreift werden. Die Hefe wird im Cryoröhrchen von der Impföse abgeschüttelt und nach dem Verschließen durch kräftiges Schütteln in der isotonischen Kochsalzlösung suspendiert. In der so hergestellten Dauerkultur sollte sich die Hefe als dünner, weißer Film am Boden absetzen und ungekühlt mehrere Jahre überleben.

Bei Bedarf wird die Dauerkultur aufgeschüttelt und eine Impföse davon auf Schrägagar abgeimpft. Auf diesem Nährmedium tankt die Hefe Ihre ausgezehrten Zellreserven wieder auf und beginnt sich schließlich zu vermehren. Nach längerer Lagerzeit kann der Fall eintreten, daß die Zahl der lebensfähigen Hefezellen stark nachläßt und ein Abstrich mit der Impföse nicht mehr ausreicht, Kolonien hervorzubringen. Überführt man einen ganzen Tropfen in das Kulturröhrchen und benetzt damit die Oberfläche des Schrägagar, gelangt man mit Sicherheit zu Kolonien, mit denen man dann allerdings auch die alte Dauerkultur erneuern sollte!

Herführung der Anstellhefe

Schrägagar Kulturen können direkt zum Animpfen einer Starterkultur verwendet werden. Wie üblich werden etwa 500mL einer keimfreien, etwa 6-8%igen Starterwürze hergestellt (Eigenwürze oder Trockenmalzextrakt). Die Verwendung eines 2 L Erlenmeyerkolbens aus Geräteglas erlaubt kontaminationsfreies Arbeiten durch bedecktes Kochen und Kühlen in einem Gefäß. Nach dem Erkalten werden ein paar mL Starterwürze in das Kulturröhrchen gegossen, um damit die Hefe durch kräftiges Schütteln vom Schrägagar abzulösen und schließlich in die Starterwürze zu überführen. Alternativ kann man für diesen Schritt einige mL steriles Wasser verwenden, welches man ganz einfach durch Mikrofiltration mit einem 0,2µm Spritzenvorsatz-Filter gewinnen kann.

Eine besonders große Hefemenge erhält man aus Starterkulturen, wenn sie aerob - also unter Luftzutritt - geführt werden. Dazu verschließt man den Erlenmeyerkolben mit einem Wattebausch und schüttelt die Kultur stündlich. Ideal wäre natürlich die Anschaffung eines Magnetrührers. Dieser besteht im Wesentlichen aus einer Stellfläche, unter der ein magnetisches Drehfeld erzeugt wird. Dadurch wird ein teflonummanteltes, magnetisches Rührstäbchen im Erlenmeyerkolben in Rotation versetzt. Der Kolben bleibt somit hermetisch verschlossen; außerdem kann das Rührstäbchen beim Ansetzen der Starterwürze mitgekocht werden, sodaß keine Kontaminationsprobleme bestehen.

Der Wattestopfen kann durch vorsichtiges Abflämmen sterilisiert werden. Die Prozedur erfordert einige Übung und sollte unbedingt in sicherer Umgebung (z.B. über einem Waschbecken) trainiert werden. Es besteht die Gefahr, daß die gesamte Watte blitzartig Feuer fängt. Um dies zu vermeiden, wird der Stopfen fest vorgeformt und so entzündet, daß die brennende Oberfläche immer nach oben weist! Vor dem Versiegeln des Erlenmeyerkolbens wird die Flamme abgeschüttelt.

Das Zitat zum Thema:

...And hey--I LIKE being a yeast rancher!
I look in on 'em all the time, talk to 'em ("Hi boys, I'm home!")...

Dave Draper
Copyright ©1998: Ing.Hubert Hanghofer
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Erstausgabe: 25.06.1998
Last modified 06/29/98 18:20:48